Gipfel-Stürmer

Es gibt ernstzunehmende Alpinisten, die sagen: Nichts ist so unnütz wie das Bergsteigen. Sie haben Recht. Es hat keinen wirklichen Sinn, denn „richtig oben warst Du erst, wenn Du wieder unten bist.“ Da hätte ich auch gleich am Boden bleiben können. Statt unter Aufbietung aller Kräfte und angesichts großer Gefahren am Ende nur wieder dort anzukommen, wo ich losgegangen bin.

Aber auch ich habe Recht: Am Berg finde ich am ehesten, wonach ich strebe: Innere Ruhe, Ausgeglichenheit, Gelassenheit. Für mich gilt das Motto „hoch hinauf“. Nach Möglichkeit sollte es mindestens ein Viertausender sein. Mehr als 55 verschiedene sind es bisher geworden. Seit August 2016 gehören die „7 Summits der Alpen“ dazu (die jeweils höchsten Gipfel der sieben Alpen-Anrainer Slowenien, Österreich, Italien, Deutschland, Liechtenstein, Schweiz und Frankreich), ebenso alle 44 Schweizer Viertausender. Auf jedem der Gipfel zwischen Aletschhorn und Zumsteinspitze fühlte ich das gleiche: Glück.

Von dem hatte ich bisher viel in meinem Leben. Weil ich immer wieder heil runterkam. Nicht immer ganz unversehrt, aber bisher ohne bleibende Blessuren. Ein gespaltenes Schulterblatt, ein zerborstenes Sprunggelenk und eine in einer Lawine zusammengefaltete Lunge – nichts hat meinen Drang nach draußen bisher besiegen können. Höchstens die Heimat. Die liebe ich umso intensiver, je öfter ich ihr den Rücken kehre.

Heil wieder heimkommen – danach sehne ich mich bereits beim Abschied. Und trotzdem fahre ich los. Selbst wenn mir der Tod droht. Weil ich das Leben liebe.